Live Streaming in der Corona-Krise ohne Zulassung möglich

Zugegeben: im Moment nicht das drängendste Problem – aber da es eine pragmatische Lösung gibt, dennoch wissenswert: sind die Live-Streams, die von den Kulturschaffenden derzeit aufgrund des Verbotes öffentlicher Veranstaltungen auf die Beine gestellt werden, eigentlich einfach so erlaubt oder müssen rechtliche Vorgaben beachtet werden?

Das Ergebnis nehme ich einfach mal vorweg: derzeit (erstmal bis zum 19. April 2020) müssen Live-Streams, die normalerweise eine rundfunkrechtliche Zulassung bräuchten, der jeweiligen Landesmedienanstalt nur angezeigt werden.

Es verbleibt jetzt natürlich die Frage: welche Live-Streams benötigen denn normalerweise eine Zulassung, mit der Folge, dass sie jetzt angezeigt werden müssen?

Diese Frage ist im Detail ziemlich umstritten und Stoff verschiedener Urteile.

Daher will ich hier nur eine Groborientierung geben (anderenfalls könnte der Beitrag zu sehr ausarten in juristische Erwägungen).

Normalerweise benötigen Live-Streams eine rundfunkrechtliche Zulassung, wenn

  • eine lineare Verbreitung vorliegt (bedeutet: nicht der Zuschauer bestimmt, wann die Sendung läuft, sondern der Veranstalter. So wie im guten, alten Fernsehen). Ist bei Live-Streams der Fall.
  • Mehr als 500 Personen können erreicht werden (also immer, wenn es sich nicht um ein Angebot handelt, das zugangsbeschränkt ist).
  • Redaktionelle Gestaltung (auch dieses Merkmal muss im Einzelfall ausgelegt werden, eine redaktionelle Gestaltung liegt aber relativ schnell vor: z.B. wenn interaktive Elemente genutzt werden, wenn eine Veranstaltung moderiert wird, ist in der Regel von redaktioneller Gestaltung auszugehen).
  • Vorliegen eines Sendeplans oder regelmäßige Wiederholung (das wohl umstrittenste Merkmal eines zulassungspflichtigen Live-Streams – teilweise wird angenommen, dass ein Sendeplan schon vorliegt, wenn nur ein Live-Stream ausgestrahlt wurde, aber ein weiterer geplant ist).

Wer also aufgrund dieser Kriterien zu dem Schluss kommt, dass der geplante Live-Stream normalerweise zulassungspflichtig wäre, sollte diesen nun der jeweiligen Landesmedienanstalt anzeigen. Dazu gibt es hier ein eigens bereit gestelltes Informationsblatt der Landesmedienanstalten.

Fiese Falle bei Facebook-Profilfotos

Nun würde ich ja behaupten wollen, dass ich mich bei rechtlichen Fragen in sozialen Netzwerken ziemlich gut auskenne. Aber trotzdem bin ich in eine juristische Falle bei der Auswahl meines Profilbildes auf meinem privaten Profil getreten.

 

 

Auf einem Konzert hatte eine befreundete Fotografin ein ziemlich gelungenes Bild von mir mit Saxophon gemacht. Sie hat das Foto auf der Facebook-Seite meiner Band hochgeladen und mir hat es so gut gefallen, dass ich die von FB angebotene Funktion „als Profilbild nutzen“ gewählt habe.

Ich bin davon ausgegangen, dass das Bild dann nur verlinkt wird. Das wäre urheberrechtlich unproblematisch gewesen, denn bei einem bloßen Verlinken eines Bildes muss ich vom Urheber, also hier der Fotografin, keine Nutzungsrechte einholen,  (so hat das der EuGH entschieden, jedenfalls in Fällen, in welchen ohne Gewinnerzielungsabsicht verlinkt wird und man nicht weiß, dass das Foto ggf. rechtswidrig ins Internet eingestellt wurde).

Aber: falsch gedacht…das Foto wird bei der Verwendung als Profilbild nicht verlinkt, sondern kopiert. Ich brauche dann also die Einwilligung des Fotografen, dass ich das Bild vervielfältigen und als Profilbild nutzen darf. Doch halt: habe ich das Bild vervielfältigt? Ich wusste ja gar nicht, dass es kopiert wird, ich dachte ja, dass ich nur einen Link setze. Es ist und bleibt eine widerrechtliche Rechtsverletzung. Es ist in diesem Fall nicht davon auszugehen, dass jeder, der eine Fotografie bei Facebook einstellt, die Einwilligung gibt, dass diese in Profilfotos kopiert werden darf. Facebook lässt sich zwar verschiedene Rechte an den hochgeladenen Inhalten einräumen – diese Rechteeinräumungen dürften jedoch unwirksam sein (näheres dazu vielleicht mal in einem anderen Artikel). Unterlassungsansprüche wegen einer Urheberrechtsverletzung bestehen auch dann, wenn man nicht vorsätzlich oder fahrlässig handelt.

Ich könnte somit auf Unterlassung einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden (was in dem konkreten Fall glücklicherweise nicht passieren wird).

Müsste ich auch Schadensersatz zahlen? Ich würde sagen: ja. Als Nutzer eines urheberrechtlich geschützten Werkes muss ich mir darüber Gewissheit verschaffen, dass die Nutzung rechtmäßig ist. Das heißt, ich muss nachforschen, was eigentlich passiert, wenn ich ein Foto als Profilbild bei Facebook nutze. Die Rechtsprechung ist hier zum Schutz der Urheber ziemlich streng und verlangt, dass man gewisse Anstrengungen unternimmt, um sicher zu sein, dass man rechtmäßig handelt.

Fazit: in meinem Fall lässt sich die Angelegenheit bestimmt mit einer Flasche Rotwein klären. Normalerweise aber gilt: wer die Funktion „als Profilbild nutzen“ bei Facebook wählt, begibt sich auf dünnes Eis, wenn er vorher nicht die Einwilligung des Fotografen eingeholt hat.

Noch ein Praxistipp zum Schluss: natürlich muss auch immer der Urheber des Fotos genannt werden. Das funktioniert bei Profilbildern dadurch, dass man auf den kleinen Pfeil rechts oben neben dem Bild klickt, dann „Bearbeiten“ auswählt und anschließend eingibt: „Foto von (Name des Fotografen einsetzen)“.

Bootlegs verkaufen? Könnte teuer werden….

 

Foto: Zippo Zimmermann www.designladen.com

In meiner Jugend, man kopierte Platten noch auf Kassetten, war ich großer Michael Jackson-Fan. Neben T-Shirts, Postern und anderen Devotionalien waren für mich damals sogar unscharfe Videoaufnahmen von Konzerten oder Live-Mitschnitte in grauenhafter Qualität – natürlich alle nicht offiziell veröffentlicht – interessant.

Die Qualität von illegalen Mitschnitten in Bild und Ton ist heute natürlich dank der digitalen Aufnahmemöglichkeiten viel besser. Ob Bootlegs deshalb heute auch beliebter sind, weiß ich nicht. Allerdings kann ich in jedem Fall davon abraten, entsprechende Aufnahmen zu verkaufen. Auch als Privatperson begeht man dadurch eine Urheberrechtsverletzung und muss die Anwaltskosten  einer Abmahnung bezahlen (AG Köln, Urt. V. 20.10.2014, 125 C 75/14). Weiterlesen

Synchronschauspieler: Verzicht auf Namensnennung in AGB unwirksam

Synchronschauspieler haben nach dem Urheberrechtsgesetz das Recht, im Vor- oder Abspann eines Filmes mit Namen genannt zu werden. Dieser Anspruch kann auch nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgehebelt werden. Weiterlesen

Werkstattgespräch: Keine Bange vor Fragen rund ums Recht der Designer

Ich freue mich, am 10.02.2015 im Rahmen eines Treffens der Allianz Deutscher Designer (AGD), Regionalgruppe Saarland Rede und Antwort zu stehen zum Recht rund ums Design. Die Teilnahme ist auch für Nicht-AGD-Mitglieder möglich – wegen der räumlichen Kapazitäten wird aber dringend vorher um Anmeldung gebeten. Weiterlesen

Kathrin Gibt Dir Recht live: 22.01.2015, IHK Saarbrücken

Ich lade herzlich zu meinem Vortrag „Rechtssicher Werben im Internet“ in der IHK Saarbrücken am 22.01.2015, 18.00-20.00h ein. Eintritt ist frei.

Details finden sich hier: Vortrag „Rechtssicher Werben im Internet“

 

 

LG Berlin: GVL-Beiratswahl 2012 nichtig

Das Landgericcd-regalht Berlin hat mit Urteil vom 04.04.2014 (Az, 2 O 194/12, hier abrufbar) die auf der Berechtigtenversammlung der Gesellschaft zur Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL) am 15.05.2012 durchgeführten Wahlen der Beiratsmitglieder und deren Stellvertreter für nichtig erklärt. Das Urteil des LG Berlin ist deshalb richtungsweisend, weil –soweit bekannt – bisher keine Entscheidung darüber vorliegt, nach welchen Grundsätzen der Beirat der GVL, der eine ganz eigene Funktion (geprägt durch § 6 Abs. 2 Urheberrechtswahrnehmungsgesetz) hat, zu beurteilen ist.

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Verlinkungen als Referenz zulässig?

In der Diskussion um meinen vorherigen Artikel über die Zulässigkeit der Nutzung im Kundenauftrag erstellter Werke zur Eigenwerbung, kam die Frage auf, ob denn eine Verlinkung auf die Werke als Referenz zulässig sei? Geschildert wurde mir ein Fall, in dem einem Webdesigner von einer Kundin die Verlinkung auf die beauftragte Homepage als Referenz untersagt wurde. Weiterlesen

LG Berlin: Kundenlogo darf von Grafiker als Referenz genutzt werden

Für Künstler stellt sich regelmäßig die Frage: dürfen die für einen Kunden erstellten Werke als Referenz für die eigene Leistung genutzt werden? Muss der Kunde vorher gefragt werden, oder hat er sowieso nicht darüber zu entscheiden?

Das LG Berlin (Urt. v. 03.12.2013, 15 O 318/12) hat diese Frage im Sinne eines Künstlers entschieden: Es sei geschäftsüblich, dass Grafiker die im Auftrag erstellten Werke in Referenzlisten zur Eigenwerbung nutzten. Der Grafiker durfte also, auch ohne diese Frage vertraglich geregelt zu haben oder den Kunden um Erlaubnis gebeten zu haben, das entworfene Logo als Referenz auf seiner eigenen Homepage nutzen.  

Also Entwarnung für die Nutzung von Werken zur Eigenwerbung? Meiner Ansicht nach: nein. Das Urteil des LG Berlin ist zwar praxisnah – denn tatsächlich werden von vielen Grafikern auch ohne Einwilligung der Auftraggeber die entworfenen Werke beispielsweise auf der eigenen Homepage genutzt. Es ist aber nicht zwingend daraus zu folgern, dass die entsprechenden Rechte immer beim Grafiker verbleiben. Das heißt: ein anderes Gericht könnte genau das Gegenteil entscheiden.

Die Anwendung des Urteils auf andere Branchen, seien es Musiker, bildende Künstler oder Schauspieler, ist auch nicht einfach so möglich. Selbst wenn man grundsätzlich den Argumenten des LG Berlin folgt, so muss doch für jeden Berufszweig gesondert untersucht werden, ob eine Nennung in Referenzlisten so üblich ist, dass automatisch die entsprechenden Rechte beim Künstler verbleiben.

Meine Empfehlung: Es lohnt sich, die Rechteübertragung (und damit auch das Behalten von Rechten zur Eigenwerbung) schriftlich in einem Vertrag zu fixieren. Das kann z.B. in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgen, in die dann gleichzeitig auch ein Rechtevorbehalt (Rechte gehen erst mit Zahlung über) mit aufgenommen werden könnte.

Verunsicherung wegen Streaming-Abmahnungen der U+C Rechtsanwälte

Seit ein paar Tagen gibt es einen neuen Zweig der Abmahnindustrie: die Abmahnungen durch die U+C Rechtsanwälte von Anschlussinhabern, über deren Internetzugang (Porno-)Filme auf der Plattform redtube.com im Wege des Streaming angesehen worden sein sollen. Bereits die Tatsache, dass die Abmahnungen sich auf Pornofilme beziehen, wird dazu führen, dass der ein oder andere aus Scham schnell die geforderten 250,00 € bezahlt, um sich etwa nicht mir der Familie darüber auseinandersetzen zu müssen, dass Pornofilme angesehen wurden.

„Streaming“ meint, dass eine Datei nicht dauerhaft auf den Computer heruntergeladen wird, sondern sich der Nutzer den Inhalt lediglich im Internet „ansieht“. Dabei wird jedoch trotzdem eine Vervielfältigung im Arbeitsspeicher des Computers erstellt.

Was ist dran an den Vorwürfen der Urheberrechtsverletzung?

Filmen  genießen immer Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz – entweder als Filmwerk oder als „Laufbild“. Wer urheberrechtlich geschützte Filme kopieren möchte, braucht die Einwilligung des Urhebers oder des Inhabers der urheberrechtlichen Nutzungsrechte. Beim Streaming wird die angesehene Datei jedenfalls in den Arbeitsspeicher des Computers kopiert, also benötigt man theoretisch solche eine Einwilligung.

Hier gibt es aber eine Ausnahme: Eine Einwilligung des Rechteinhabers zur Speicherung im Arbeitsspeicher, also einer vorübergehenden Vervielfältigungshandlung, muss dann nicht eingeholt werden, wenn es sich um eine rechtmäßige Nutzung handelt. Wenn der Rechteinhaber aber nicht wollte, dass sein Film über eine bestimmte Plattform im Internet angesehen werden kann, dann ist das Streaming keine rechtmäßige Nutzung – also hilft diese Ausnahme nicht weiter.

Eine weitere Ausnahme von der vorherigen Einholung der Einwilligung besteht dann, wenn eine Kopie zu privaten Zwecken angefertigt wird. Kopiert werden darf der Film für den privaten Gebrauch, wenn die Vorlage hierfür nicht offensichtlich rechtswidrig ist. Ob die auf „RedTube“ zu sehenden Filme dort rechtswidrig eingestellt wurden, ist meiner Meinung nach für den Nutzer nicht nachvollziehbar. Schon aus diesem Grund sind die Abmahnungen meines Erachtens nach unbrechtigt, da eine Urheberrechtsverletzung nicht vorliegt. Über diesen Punkt lässt sich aber noch streiten.

Wurden die Daten der Abgemahnten rechtmäßig erlangt?

Die Abmahungen leiden aber unter einem weiteren Mangel: Die IP-Adresse von Nutzern, über deren Internetanschluss angeblich eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde, dürfen nur nach gerichtlichem Beschluss unter bestimmten Voraussetzungen herausgegeben werden. Eine Voraussetzung dafür ist, dass es sich um eine offensichtliche Rechtsverletzung handelt. Die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung ist aber hier gerade nicht gegeben.

Aus dem mittlerweile veröffentlichten Beschluss des LG Köln, welches dem Auskunftsanspruch stattgegeben hatte, geht  hervor, dass die Richter davon ausgingen, dass es sich um eine Auskunft hinsichtlich der Nutzung einer Tauschbörse handelte. Die Tauschbörsennutzung ist aber rechtlich gänzlich anders zu beurteilen als das Anschauen eines Films per Streaming. Der entsprechende Beschluss des LG Köln leidet somit an einem gravierenden Mangel – offensichtlich hatten die Richter sich mit dem konkreten Antrag nicht wirklich auseinandergesetzt.

Unwirksamkeit der Abmahnung?

Aber selbst wenn die Auskunft rechtmäßig erfolgt wäre, so gibt es noch einen gravierenden Punkt, der zur Unwirksamkeit der Abmahnungen beiträgt. Gem. § 97a Abs. 2 Nr. 4 Urheberrechtsgesetz ist eine Abmahnung unwirksam, die eine Unterlassungserklärung fordert, welche über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

Die den Abmahnungen beigefügte Unterlassungserklärung bezieht sich auf jegliches Streaming des abgemahnten Films im Internet. Selbst wenn das Streaming über die Plattform RedTube nicht zulässig sein sollte, so ist jedoch denkbar, dass der Film auf einer anderen Plattform rechtmäßig angesehen werden darf – etwa weil er dort vom Rechteinhaber selber eingestellt wurde. Die Unterlassungserklärung verlangt daher etwas, was über die abgemahnte Handlung hinaus geht – wenn überhaupt dürfte sich die geforderte Unterlassungserklärung nur auf ein Streaming über die Plattform RedTube beziehen.

Dieser Umstand führt sogar dazu, dass die Anwaltskosten, die zur Verteidigung gegen die Abmahnung aufgewendet wurden, von den Abmahnern zurück gefordert werden können.

Fazit

Insgesamt sehe ich die Abmahnungen eher als Eigentor der Abmahner. Aus Angst werden viele Betroffene gezahlt haben  – insofern hat sich die Abmahnwelle sicherlich gerechnet. Außerdem wurde ein weiterer Unsicherheitsfaktor für die Internetnutzer geschaffen – die Betroffenen werden sicherlich nur noch mit Sorge die verschiedenen Angebote des Internets nutzen.