LG München I: Kein Auskunftsanspruch gegenüber Arztbewertungsplattform

Streitigkeiten rund um Internetbewertungsplattformen beschäftigen immer wieder die Gerichte – nicht alle Rechtsfragen in diesem Bereich sind bisher vollständig geklärt.

Klar ist mittlerweile, dass vom Betreiber der Plattform Löschung verlangt werden kann, wenn falsche Tatsachen in einer Bewertung verbreitet werden. Häufig besteht allerdings auch ein Interesse, die Identität des Verfassers der Bewertung zu kennen, etwa um gegen diesen selbst einen UnterlassunAdressbuchgsanspruch geltend zu machen. Um den Verfasser einer Bewertung identifizieren zu können, müssen allerdings tatsächliche und rechtliche Hürden überwunden werden.

Der Auskunft über die Identität des Verfassers einer Bewertung steht meist schon das tatsächliche Problem entgegen, dass die Daten dem Anbieter der Plattform selbst nicht bekannt sind. Normalerweise können nämlich Bewertungsplattformen im Internet anonym genutzt werden. Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben, da § 13 VI Telemediengesetz (TMG) vorsieht, dass die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen ist, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist.

Auch rechtlich gesehen ist ein Auskunftsanspruch schwer durchzusetzen. Von den Gerichten wird ein derartiger Anspruch meistens abgelehnt. In diesem Sinne hat auch das LG München in seinem Urteil vom 03.07.2013 (Az. 25 O 23782/12) entschieden. Über eine Kinderärztin waren in einer Bewertung falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt worden. Der Plattformbetreiber hatte die Bewertung zwar gelöscht, eine Auskunft aber verweigert.  Eine E-Mail-Adresse des Verfassers lag ihm vor, den Nutzern der Plattform hatte er aber ausdrücklich zugesichert, dass die E-Mail-Adresse nicht an Dritte weitergegeben werde. Das Gericht sah somit einen Auskunftsanspruch nicht gegeben, da keine Einwilligung des Nutzers in die Weitergabe seiner Daten bestand und auch die speziellen Vorschriften des Telemediengesetzes sämtlich einer Auskunft entgegenstünden.

Scheitert ein Auskunftsanspruch nach zivilrechtlichen Vorschriften, so kann Anzeige gegen Unbekannt wegen Verleumdung erstattet werden. Die Staatsanwaltschaft hat dann die Möglichkeit, weitere Ermittlungen hinsichtlich der Identität des Verfassers anzustellen und über Einsicht in die Ermittlungsakten kann der Betroffene dann möglicherweise den Verfasser herausfinden. Dieses Vorgehen hat auch das LG München I in dem entschiedenen Fall der Kinderärztin vorgeschlagen.    

Strenges Urteil zur Zahnarztwerbung mit Gutscheinen

Mediziner unterliegen bekanntlich strengen Werbebegrenzungen. So ist beispielsweise reklamehafte Werbung verboten, wie sie bei Gewerbetreibenden üblich ist. Zweck dieser Werbebeschränkungen ist, die sachgerechte Information der Patienten zu gewährleisten und die Kommerzialisierung des Arztberufes zu vermeiden. Die Tendenz geht dahin, die Werbebeschränkungen nicht mehr ganz so streng zu sehen, wie noch vor einigen Jahren. Das LG Köln hat allerdings mit Urteil vom 21.06.2012 (Az. 31 O 25/12) eine Entscheidung getroffen, die der Zahnarztwerbung im Internet deutliche Grenzen setzt. Das LG Köln bestätigt damit die Auffassung der Wettbewerbszentrale, über die ich bereits hier berichtet hatte.

Das Gericht hatte über die Zulässigkeit des Angebotes von Zahnreinigung und Bleaching im Rahmen eines Deals über die Internetportale „Groupon“ und “DailyDeal“ zu entscheiden. Das Gericht sieht in den Angeboten des Zahnarztes ein wettbewerbswidriges Handeln durch einen Verstoß gegen die Berufsordnung der Zahnärzte (konkret die BO der Zahnärztekammer Nordrhein) und gegen  die Gebührenordnung der Zahnärzte.

Ein Zahnarzt hatte über die Internetportale „Groupon“ und „DailyDeal“ Zahnreinigungen und Bleaching für 149,00 Euro statt 530,00 Euro  bzw.  19 Euro statt 99 Euro angeboten. Diese Rabatte stellen nach Ansicht des Gerichts reklamehafte Werbung und übertriebenes Anlocken von Patienten dar. Der Verbraucher werde dazu verführt, allein wegen des extrem günstigen Preises den „Deal“ abzuschließen und sich evtl. nicht ausreichend Gedanken zu machen, ob er die Leistung wirklich in Anspruch nehmen möchte.

Das durch § 15 BO geschützte Berufsbild des Zahnarztes werde durch die Angebote, bei denen ein kostendeckendes Arbeiten nicht mehr gewährleistet sein könne, beeinträchtigt.

Ein Verstoß gegen §§ 5 Abs. 2, 2 Abs. 3 der Gebührenordnung der Zahnärzte (GOZ) liege in dem Angebot der Behandlungen zu einem Festpreis. Der Preis dürfe bei nicht in der GOZ festgelegten Behandlungen erst durch Erstellung eines Heil- und Kostenplans festgelegt werden. Auch bei in der GOZ geregelten Behandlungen müsse die Kostenfestlegung bei Abweichung von der GOZ nach dem Einzelfall getroffen werden. Dies sei bei der anonymen Vermittlung über die Internetportale nicht der Fall.

Mediziner und Gutscheinwerbung

Trotz der Lockerung der Werbevorschriften für Mediziner ist besonders bei neuen Werbeformen Vorsicht geboten. In den letzten Jahren werden Coupon-Aktionen immer beliebter, bei denen ein bestimmtes Kontingent an Gutscheinen mit Sonderkonditionen zur Verfügung gestellt wird, die vom Kunden erworben werden können.

Von der Wettbewerbszentrale wurde nunmehr diese Art der Werbung durch Mediziner als wettbewerbswidrig eingestuft. Wenn ein Arzt eine bestimmte Behandlung durch eine Coupon-Aktion verbilligt anbietet, so stellt dies nach Auffassung der Wettbewerbszentrale einen Verstoß gegen den in der Berufsordnung verankerten Grundsatz des angemessenen Honorars dar. Letztlich stelle die Vergünstigung, die mittels eines Coupons gewährt wird, einen Rabatt oder ein Pauschalangebot dar, welches durch Mediziner gerade nicht offeriert werden darf.

Ins Visier der Wettbewerbszentrale waren vor allem Behandlungen im Bereich der plastischen Chirurgie geraten, welche durch die Gutscheine bis zu 70% vergünstig angeboten wurden.

Quelle: Wettbewerbszentrale 

Onlinebuchung von Arztterminen – ein Datenschutzproblem?

Für Patienten und Mediziner erscheint es attraktiv: Online-Buchungen von Arztterminen über ein System, bei dem der Patient die freien Termine direkt einsehen kann und dann online seinen Termin direkt „buchen“ kann.

Von mehreren Mandanten habe ich jedoch in letzter Zeit Verträge oder Allgemeine Geschäftsbedigungen von Anbietern derartiger Onlinebuchungssysteme zur Prüfung vorgelegt bekommen, die bezüglich des Datenschutzes und der Datensicherheit teilweise äußerst bedenklich waren. Beispielsweise gibt es Anbieter, die in keiner Weise erklären, was mit den auf ihrem Server gespeicherten Daten passiert und ob diese Daten ausreichend gegen Zugriff gesichert sind. Desweiteren erfolgt häufig die Kommunikation dieser Portale, über einen unverschlüsselten, für jeden lesbaren, E-mail Verkehr. Gerade in einem Bereich, in dem neben den einfachen personenbezogenen Daten (Name, Adresse, Geburtsdatum) auch besondere personenbezogene Daten übermittelt werden, sollte auf einen ausreichenden Datenschutz und eine gesicherte Datenübermittlung besonderer Wert gelegt werden. Nicht zuletzt kann sich ansonsten auch eine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht ergeben.

Das Thema bietet viele Ansatzpunkte, die rechtlich hoch interessant sind. Hierzu werde ich an dieser Stelle noch nähere Informationen bereitstellen. Vorab ist jedem Mediziner, der derartige Online-Terminsysteme nutzten möchte zu raten, die Nutzungs- und Datenschutzbedingungen genau zu studieren und ggf. anwaltlichen Rat einzuholen.

Zahnarztwerbung: Internetvergleichsplattform zulässig

Ärzte und Zahnärzte unterliegen berufsrechtlichen Werberegeln. Unter anderem bestimmt § 8 Absatz 2 der Berufsordnung für Zahnärzte,  dass ein Kollege nicht aus dem Behandlungsvertrag verdrängt werden darf.

Eine  solche berufsrechtswidrige und unlautere Verdrängung sahen das LG München I (Urt. v. 15.11.2006, 1 HKO 7890/06 – M) und das OLG München (Urt. v. 13.03.2008, 6 U 1623/07)  in folgendem Geschäftsmodell: Auf einer Internetplattform können Nutzer den Heil- und Kostenplan ihres behandelnden Zahnarztes einstellen. Andere Kollegen können Alternativangebote machen, die ohne Angabe von Name und Adresse des Arztes dem Nutzer übermittelt werden. Entschließt sich der Patient für einen Arzt, den er über die Plattform ermittelt hat, dann zahlt der Arzt an die Vermittlungsplattform einen Betrag in Höhe von 20% des mit dem Patienten abgerechneten Honorars.

Die Münchener Gerichte sahen den einzigen Sinn der Plattform in der Verdrängung des ursprünglich behandelnden Arztes. Schon alleine wegen der 20%-Vergütung sei es einziges Ziel der Plattformbetreiber, dem Patienten einen anderen Arzt zu vermitteln. Zwar sei der Patient grundsätzlich frei, andere Angebote einzuholen. Es sei jedoch unrealistisch, dass ohne Hilfe der Internetplattform ein Patient ohne direkten Kontakt zum Arzt und ohne neue Behandlung eine Vielzahl von Kostenvoranschlägen erhalte. Dies sei nur durch die Einschaltung der Internetplattform möglich.

Großzügiger sieht der BGH das Geschäftsmodell und hat mit Urteil vom 01.12.2010 (I ZR 55/08) entschieden, dass die Vergleichsplattform keinen Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen darstellt und damit auch nicht gegen Wettbewerbsvorschriften verstößt. Die Internetplattform erleichtere dem Kunden nur die ohnehin bestehende Möglichkeit, sich mehrere Kostenvoranschläge einzuholen. Darin sei kein den Kollegen verdrängendes Verhalten zu sehen.

Interessant ist auch, dass durch den BGH nunmehr die „Provison“ in Höhe von 20% nicht als Entgelt für die Zuweisung eines Patienten eingestuft wird, sondern als Entgelt für den Betrieb der Internetplattform.