Online-Händler erinnern sich: bereits zum 09.01.2016 musste im Impressum und den AGB irgendetwas ergänzt werden über eine Online-Streitbeilegung, inklusive eines Links zu einer damals noch nicht existierenden Plattform der EU. Jetzt also noch etwas Neues?
I. Was ist neu und was ist der Sinn?
Mit ein wenig Hintergrundinfo lässt sich das Ganze vielleicht etwas besser verstehen (für Leser, die nur die praktische Umsetzung interessiert: bitte unter II. weiterlesen):
Es gibt zwei EU-Regelwerke, die sich mit außergerichtlicher Streitschlichtung befassen: Das eine ist die Verordnung über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (ODR-VO), das andere ist die Richtlinie über die alternative Streitbeilegung für Verbrauchersachen (ADR-RL). Die ODR-VO ist am 09.01.2016 in Kraft getreten. Daher also diese Pflicht zur Verlinkung auf die ominöse Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS-Plattform). Die OS-Plattform (die mittlerweile existiert) soll Informationen über die außergerichtliche Streitbeilegung bieten und dafür sorgen, dass Beschwerden schnell und unbürokratisch an die jeweilige nationale Streitbeilegungsstelle gelangen. Die Informationspflicht gilt übrigens unabhängig davon, ob der Unternehmer überhaupt bereit oder gesetzlich dazu verpflichtet ist an solch einer Schlichtung teilzunehmen.
Die ADR-RL wurde in Deutschland durch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (hier nützt die Abkürzung „VSBG“ erheblich) umgesetzt und soll helfen, die außergerichtliche Streitbeilegung in Deutschland zu etablieren. Die im VSBG vorgesehenen Informationspflichten müssen ab dem 01.02.2017 vorgehalten werden. Der Verbraucher soll künftig konkret erkennen können, ob der Vertragspartner überhaupt bereit wäre, an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen oder eben nicht und welches die zuständige Schlichtungsstelle ist. Grundsätzlich ist die Teilnahme an der Schlichtung freiwillig, es kann sich aber auch eine Pflicht zur Teilnahme aus Gesetz ergeben (das ist z.B. bei Banken der Fall).
II. Ein Überblick (oder auch: Checkliste)
Damit das Ganze nicht so theoretisch bleibt, hier die Informationspflichten aus VSBG und ODR-VO und deren Platzierung im Überblick:
1. Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (ab 01.02.2017)
Gilt nur, wenn der Unternehmer eine Website unterhält und/oder AGB verwendet (gilt also nicht nur für Onlineshop-Betreiber!), aber nur bei Unternehmen mit über 10 Mitarbeitern:
Impressum:
- Angabe, ob Bereitschaft oder Verpflichtung besteht, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Falls ja: Angabe der zuständigen Verbraucherschlichtungsstelle mit Name, Anschrift, Verlinkung.
- Angabe auch, wenn keine Verpflichtung und/oder keine Bereitschaft besteht, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen (Negativauskunft!).
AGB :
- es gilt das Gleiche wie für das Impressum
Wenn bereits eine Streitigkeit entstanden ist, die nicht beigelegt werden konnte:
Individueller Hinweis an den Verbraucher in Textform (also z.B. E-Mail) ob die Bereitschaft oder Verpflichtung zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren besteht und Angabe der zuständigen Schlichtungsstelle.
ERGÄNZUNG: Es könnte der Eindruck entstehen, dass die Informationspflicht nur für die Online-Präsenz gilt. Aber auch in AGB, die ggf. nicht online verwendet werden, muss ein Hinweis erfolgen, ob eine Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren erfolgt!
2.
ODR-VO (schon seit 09.01.2016):
Gilt für Unternehmer, die Waren und Dienstleistungen an Verbraucher online oder auf andere Weise elektronisch anbieten und Bestellungen ausführen.
Impressum:
- Link zur Online-Schlichtungsplattform der EU-Kommission (http://ec.europa.eu/consumers/odr) mit kurzer Beschreibung („Die Plattform der EU-Kommission zur Online-Streitbeilegung erreichen Sie hier:“ )
- E-Mail-Adresse des Unternehmers (steht ja ohnehin schon im Impressum – falls nicht: hurtig nachholen!)
- Wenn eine gesetzliche Verpflichtung besteht oder der Unternehmer sich verpflichtet hat, eine Stelle zur außergerichtlichen Streitbeilegung zu nutzen: Information, dass die OS-Plattform vom Verbraucher auch tatsächlich genutzt werden kann zur Beilegung von Streitigkeiten
AGB:
- Gleiche Angaben wie im Impressum nochmal
III. Praxistipps
Die Nichteinhaltung all dieser Informationspflichten kann, wie so oft, in einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung enden.
Hier eine Liste der in Deutschland anerkannten Verbraucherschlichtungsstellen: https://www.bundesjustizamt.de/DE/SharedDocs/Publikationen/Verbraucherschutz/Liste_Verbraucherschlichtungsstellen.pdf?__blob=publicationFile&v=27
Übrigens werden die Verbraucherschlichtungsstellen, auch wenn der Name anderes suggeriert, auch auf Anrufung eines Unternehmers hin tätig!
Gilt das auch für Arzt- und Zahnarztseiten?
Die Schlichtungsstellen nach dem VSBG sind nicht für Gesundheitsdienstleitungen zuständig. Es gibt für Ärzte und Zahnärzte zwar auch außergerichtliche Schlichtungsstellen, diese fallen jedoch nicht unter das VSBG. Daher ist derzeit davon auszugehen, dass die Informationspflicht Ärzte und Zahnärzte nicht trifft.